03.02.2010 00:00

Leichtsinn im Sicherheitsdenken – Wirtschaftskriminalität erobert deutsche Unternehmen

Von: Peter Gruber / Computerwoche

Die Wirtschaftskriminalität nimmt in Deutschland laut KPMG sprunghaft zu, insbesondere im Internet. Betroffen sind davon vor allem mittelständische Unternehmen, die den Schutz oft immer noch auf die leichte Schulter nehmen. Die Schäden sind jedoch immens.


37 Prozent der Unternehmen in Deutschland waren laut KPMG in den letzten drei Jahren Opfer von Wirtschaftskriminalität. Mehr als zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) gehen davon aus, dass das Ausmaß wirtschaftskrimineller Handlungen weiter zunehmen wird. Das zeigt eine Umfrage unter 300 Unternehmen (davon knapp die Hälfte aus dem Mittelstand), die das Emnid-Institut im Auftrag der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG durchgeführt hat. 

Mittelständische Unternehmen wähnen sich sicher

Laut Frank Hülsberg, Leiter des Bereichs Forensic bei KPMG, unterschätzen vor allem mittelständische Unternehmen trotz dieser alarmierenden Ergebnisse noch immer die Gefahr, Opfer von Wirtschaftskriminalität zu werden. Jedes zweite, so der Experte, wiege sich in trügerischer Sicherheit. 56 Prozent sind der Meinung, ihr Betrieb sei weniger anfällig für Wirtschaftskriminalität als ein Großunternehmen. Drei von vier mittelständischen Unternehmen (76 Prozent) glauben gar, ihre Präventionsmaßnahmen seien ausreichend.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Der Umfrage zufolge setzen viele Inhaber, insbesondere familiengeführte Unternehmen, bei ihren Mitarbeitern auf das Vertrauensprinzip. Dadurch machen sie sich aber auch angreifbarer, denn die Erfahrung zeigt, dass grundlegende Kontrollmechanismen wie die Funktionstrennung und das Vieraugenprinzip oft vernachlässigt werden. Laut Umfrage ist für 69 Prozent der mittelständischen Unternehmen die Gelegenheit zum Vertrauensmissbrauch die wichtigste Ursache für wirtschaftskriminelle Taten. Die Studie zeigt, dass sich in mittelständischen Betrieben Mitarbeiter überwiegend mit externen Dritten zusammentun, um dem Betrieb Schaden zuzufügen. Dies war in zwei von drei Fällen wirtschaftskrimineller Handlungen der Fall (62 Prozent). Bei Großunternehmen dagegen liegt diese Quote bei nur 40 Prozent.

Geschäft mit sensiblen Informationen blüht

Bei jedem dritten mittelständischen Unternehmen wurden laut Umfrage Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse oder Schutz- und Urheberrechte verletzt. Und wiederum nur ein gutes Drittel gibt an, über Schutzkonzepte für vertrauliche Unterlagen zu verfügen. Bei Großunternehmen hat inzwischen bereits jedes zweite dafür entsprechende Strukturen geschaffen. Hülsberg: "Gerade in Krisenzeiten blüht das Geschäft mit dem Verkauf sensibler Informationen an Wettbewerber oder Kriminelle. Der Verlust von sensiblen Entwürfen oder Formeln kann für ein innovationsgetriebenes mittelständisches Unternehmen aber existenzbedrohend sein."

Kommissar Zufall statt ausgereifte Kontrollstrukturen

Der Anteil der Unternehmen, die Wirtschaftskriminalität als ernsthaftes Problem ansehen, ist gegenüber der letzten Befragung auf 80 Prozent gestiegen (+ 9 Prozent). Bei den großen Unternehmen sind es sogar 90 Prozent. Laut Hülsberg hat das Problembewusstseins in den Unternehmen zwar zugenommen, aber in beinahe jedem zweiten Fall (48 Prozent) ist die Aufdeckung nur dem "Kommissar Zufall" zu verdanken. Während 74 Prozent der Großunternehmen Hinweise aus dem internen Kontrollsystem als Quelle für die Aufdeckung wirtschaftskrimineller Handlungen nannten, waren es bei mittelständischen Unternehmen nur 59 Prozent. Auch gibt mit 22 Prozent ein durchaus signifikanter Teil der mittelständischen Unternehmen an, keine speziellen Verfahren zur Aufdeckung wirtschaftskrimineller Handlungen einzusetzen, bei Großunternehmen sind es unter zehn Prozent.

Kriminelle im Finanz- und Rechnungswesen

Die Analyse der durch Wirtschaftskriminalität betroffen Unternehmensbereiche zeigt eine starke Verschiebung hin zum Finanz- und Rechnungswesen sowie zum Kreditgeschäft. Hülsberg schließt daraus, dass wirtschaftskriminelle Handlungen in der Unternehmenshierarchie weiter nach oben wandern.

Wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe

Nach wie vor stellten die klassischen Vermögensschädigungen wie Betrug (bei 61 Prozent der Befragten), Diebstahl oder Unterschlagung (bei 57 Prozent) und Untreue (bei 45 Prozent) die am häufigsten auftretenden Delikte dar. Aber auch Geldwäsche (Anstieg um 16 auf 21 Prozent) sowie die Fälschung von Jahresabschlüssen bzw. Finanzinformationen (Anstieg um sieben auf 13 Prozent) haben zugenommen. Das Bundeskriminalamt bezifferte den Schaden, der der Volkswirtschaft insgesamt durch entdeckte Wirtschaftskriminalität pro Jahr entsteht, zuletzt auf 3,4 Milliarden Euro. Die Dunkelziffer dürfte um einiges höher liegen.

Internet-Kriminalität steigt sprunghaft an

Sprunghaft angestiegen ist nach Angabe der befragten Unternehmen die Internet-Kriminalität auf inzwischen 53 Prozent (+ 30 Prozent). Zu den Delikten im Internet zählen unter anderem Identitätsdiebstahl, betrügerisches Anbieten von Waren und Dienstleistungen oder Kreditkartenbetrug. Hülsberg: "Neue Kriminalitätsphänomene im Zusammenspiel mit Informationstechnologien ersetzen mehr und mehr klassische Deliktsformen und es gibt kaum Kriminalitätsbereiche, in denen sich die Täter nicht modernster Technik und dabei immer stärker auch des Internets bedienen. Durch die zunehmende Verlagerung vieler Geschäfts- und Abwicklungsprozesse in das Internet wächst die potenzielle Angriffsfläche der Unternehmen und es ist zu befürchten, dass sich das auch in den Schadensnennungen niederschlagen wird." Das Bundeskriminalamt schätzt, dass schon heute bei jedem fünften Fall von Wirtschaftskriminalität das Internet genutzt wird.

 

Quelle: http://www.computerwoche.de/mittelstand/1927111/

 


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